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AutorenbildHeiko Tornow

WAS IST DER TITEL?

Es dauert wohl nicht mehr lang. Dann bin ich auch dran. Wenn die über 90- und über 80jährigen dermaleinst durchgeimpft sind, kommen die an die Reihe, zu denen auch ich gehöre. Im April werde ich 75 Jahre alt und bin somit unfreiwilliges Mitglied im Corona-Risikoclub „Hohe Priorität“. Vom Landkreis Stade flattert dann wohl ein Schreiben in meinen Briefkasten, ich könne oder solle mich gegen Corona impfen lassen. Dann liegt auch eine umfangreiche Broschüre in dem Umschlag, die mich über Sinn und Zweck der Sars-CoV-2 –Schutzimpfung aufklärt und auch über die allfälligen Nebenwirkungen dieser notwendigen und segensreichen Maßnahme. Und, besonders wichtig und nützlich: Eine Einladung zum Impftermin in dem für mich zuständigen Impfzentrum in Stade.


Oder doch nicht? Die Landesregierung in Hannover hat dieser Tage zwar 200 000 Briefe an die besonders Betagten verschickt, also an die noch Älteren als ich es bin. Aber ohne Einladung und ohne Termine. Man möge sich zwecks Verabredung eines solchen an die Hotline 0800 9988665 oder online an das www.impfportal-niedersachsen.de wenden. Ein freundlicher Mensch an der Hotline (war schon nach nur drei Sekunden dran!) teilte mir mit: „Vor dem 28.1. geht noch gar nichts.“ Ich solle auf den Brief warten. Er bittet höflich um Geduld.


Ehrlich gesagt, ich hatte es ursprünglich gar nicht so eilig. Als es im Dezember in England losging mit der Impferei und alle Welt beklagte, dass ausgerechnet die europafahnenflüchtigen Brexitiers gegenüber dem alten Kontinent mit der Belieferung des knappen Impfstoffes bevorzugt würden, fand ich das irgendwie beruhigend. Ein nagelneues Medikament gegen eine nagelneue Pandemie muss man ja nicht unbedingt an sich selber ausprobieren lassen. Dann haben sich dankenswerterweise die Briten massenhaft als Versuchskaninchen zur Verfügung gestellt und sind offensichtlich gut damit gefahren. Zwei Allergiker hatten eine unangenehme allergische Reaktion. Das stand zu erwarten. Das beruhigt.


Darf man so denken? Ich fürchte, man denkt unwillkürlich so. Eine nicht repräsentative Umfrage in meinem Freundeskreis zeigte: Ich war mit meiner instinktiven Vorsicht und Skepsis nicht ganz alleine, auch nicht mit meinem damit korrespondierendem schlechten Gewissen. Grundsätzlich sind wir ja alle dafür, uns gegen Corona pieksen zu lassen, Risiko hin, Risiko her. Aber ein wenig zusätzliche Sicherheit ist doch auch nicht zu verachten.


Und nun das: In der Schweiz ist an Neujahr ein Mann gestorben, fünf Tage nachdem ihm das Vakzin der deutsch-amerikanischen Firma Biontech/Pfizer gespritzt worden war. Von weiteren tödlichen Zwischenfällen weltweit kann man lesen. Mein Gott! Wie sicher ist das Zeugs also wirklich?

Gemach. Die meisten bislang Geimpften gehören zu meiner Generation oder sie sind weit älter; sie stehen also – Corona hin und CoviD 19 her - deutlich näher am Grab als – sagen wir mal – Schüler und Studenten in der Blüte ihrer Jugend. Der Mann aus der Schweiz wohnte in einem Altenheim und war hochbetagt. Er starb wohl NACH der Impfung, nicht an ihr.


An der von den Genehmigungsbehörden vorgeschriebenen Phase-3-Studie von Biontech haben im vergangenen Jahr 43.448 Menschen teilgenommen. Sechs Teilnehmer starben im Studienzeitraum zwischen Ende April und Mitte November 2020 – allerdings nicht wegen der Testimpfung. Sondern weil sich in einem halben Jahr immer ziemlich genauso viele Menschen aus einer so großen Gruppe vom Leben verabschieden. Aus tausend Gründen. Sagen jedenfalls alle seriösen Wissenschaftler.

Für alle immer noch zweifelnden Impfskeptiker habe ich diesen sowohl überzeugenden als auch unterhaltsamen Vergleich: Hätte man im vergangenen Beethovenjahr den 43448 BioNtech-Probanden zwischen April und Mitte November kein Vakzin injiziert sondern ihnen täglich die 9. Symphonie vorgespielt, wären genauso viele von ihnen gestorben, rein statistisch gesehen. Vielleicht an einem Herzinfarkt, vielleicht auch an Sars-CoV 2, vielleicht auch an einer Allergie gegen klassische Musik, keiner aber an einem Impfstoff gegen Corona.


Gestorben an oder mit der Seuche sind im Spätherbst 2020 allein im Buxtehuder Pflegeheim Amarita 17 Senioren. Im Jorker CMS Pflegewohnstift gab es 14 Corona-Tote, im Landkreis Stade starben bis zu diesem Wochenende 65 Personen an oder mit Covid 19. (Achtung Redaktion: Bitte diese Zahl vor Sonnabend akualisieren, wenn nötig)

Und alle waren ungeimpft. Soweit zum Thema Risiko.

Ich freue mich jedenfalls auf meinen Termin. Vielleicht zu meinem Geburtstag? Unbedingt!

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